Alles freiwillig? Eine Annäherung
Von Freiwilligkeit ist ständig die Rede, doch in den Geschichtswissenschaften hört man wenig davon. Was war und ist Freiwilligkeit? Warum haben Menschen in der Vergangenheit unentgeltlich gearbeitet? Welche Bedeutung hatte freiwilliges Arbeiten und wie interagierte es mit der Geschlechterordnung? Æther #9 untersucht diese Fragen am Beispiel der Schweiz im langen 20. Jahrhundert.
Glaube verpflichtet
Der Kampf gegen die Prostitution war bei gläubigen Frauen um 1900 populär. Ihr ausserhäusliches Engagement sprengte christliche und geschlechtsspezifische Normen. Wie gingen Aktivist*innen mit diesen Widersprüchen um?
Mit Genossengruss zur Geburtenregelung
Um 1900 propagierte der Zürcher Arzt und Sozialist Fritz Brupbacher die individuelle Geburtenregelung. Er erhielt zahlreiche Briefe von Arbeiter*innen, die seinen Rat suchten. Wie gestaltete sich das Verhältnis zwischen dem Ratgeber und den Ratsuchenden?
»O, ich möchte mitarbeiten!«
Sehnsucht, Bildung, Arbeit und soziale Kontakte sind die Themen, die Dora Staudinger in ihrem Tagebuch beschäftigten. Ihre persönlichen Einträge geben Einblick in die intimen Gedanken einer freiwillig engagierten Frau des Bildungsbürgertums vor dem Ersten Weltkrieg.
Beihilfe zur Abtreibung: Verbotene Freiwilligenarbeit?
1915 steht Margarethe Hardegger vor Gericht. Sie hat Arbeiterinnen zu einem Schwangerschaftsabbruch verholfen. Es geht um die Frage: War finanzieller Profit das Motiv für Hardeggers Beihilfe? In ihrem Verteidigungsmemorial nimmt sie dazu Stellung.
Stricken und Beten im Ersten Weltkrieg
Welche freiwilligen Hilfen leisteten Liechtensteinerinnen im Ersten Weltkrieg? Die Antwort auf diese Frage ist nicht einfach, weil unbezahlte Arbeit von Frauen keine grosse Wertschätzung erhielt und darum unsichtbar blieb. Eine Spurensuche.
Hilfstätigkeit als politische Einmischung
Gertrud Kurz engagiert sich während des Zweiten Weltkriegs für unzählige Flüchtlinge. Sie tritt öffentlich auf, interveniert bei den Behörden und verlässt damit den tolerierten Bereich weiblicher Wohltätigkeit, ohne mit den herrschenden Rollenbildern zu brechen.
»Heidi streikt!«
Unter dem Slogan Lohn für Hausarbeit formierte sich in den 1970er-Jahren eine transnationale feministische Kampagne. Welche Akzente setzten Feministinnen in der Schweiz? Und welche Auswirkungen hatte die Kampagne auf das Verständnis von unbezahlter, freiwilliger Arbeit?
Freiwilligenarbeit bis in intime Details
AIDS wurde in den frühen 1980er-Jahren als Problem von Randgruppen angesehen. Besonders schwule Männer standen im Visier. Doch diese wehrten sich. Durch Aktivismus und Freiwilligenarbeit wurden schwule Subjektivität und Sexualität neu erfunden.
Der Sozialzeit-Ausweis: Anerkennung und Selbstoptimierung
2001 führt das ivy-Forum, eine Vereinigung von schweizerischen Hilfswerken, den Sozialzeit-Ausweis ein. Der Beitrag schildert, wie der Kampf für die Anerkennung des freiwilligen Engagements ungewollt Freiwilligenarbeit für den Arbeitsmarkt nutzbar macht und mit einem Trend zur Selbstoptimierung einhergeht.
Männerbund und Ehrenamt: Eine Polemik
Die Stimme Justitias hallt im Gerichtssaal, sie klagt im Namen der Frauen gegen den Verband der Gemeindepräsidenten des Kanton Zürichs. Ihm wird vorgeworfen ein Männerbund zu sein, der nicht nur seinen eigenen Präsidentinnen schade, sondern alle Frauen des Kantons ausgrenze.
»Ein Herzensprojekt«: Eine Mitgründerin der Gassenküche erzählt
Die Punkszene und Jugendbewegung der 1980er-Jahre waren prägend für die heutige Ausgestaltung der Gassenarbeit. Viele niederschwellige Projekte für Armuts- und Suchtbetroffene wie Gassenküchen, Notschlafstellen oder Drogenberatungen wurden von Vertreter*innen sozialer Bewegungen und des Alternativmilieus initiiert, wie dieses Interview mit einer früheren Aktivistin verdeutlicht.