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Materialwissen: Experimentelle Geschichte im Pharmaziemuseum
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Martin Kluge

Das Theriak-Experiment

Theriak ist ein Heilmittel mit einer zweitausend Jahre alten Geschichte. Begleitend zu einer Sonderausstellung der Künstlerin Sarah Craske im Pharmaziemuseum der Universität Basel rekonstruierten wir das Wundermittel.

Art & Science: Die Entscheidung, einen Theriak zu fertigen

Im September 2017 trat die britische Künstlerin Sarah Craske an das Pharmaziemuseum heran und fragte, ob sie ihre aktuellen Arbeiten, die sie als Artist in Residence im Labor für Bioengineerung der ETH Zürich in Basel fertigte, ausstellen könne.1 Die aktuellen Forschungen von Dr. Irene Wüthrich und Dr. Steven Schmitt, die damals auf der Suche nach neuen Antibiotika an Sequenzveränderungen der Aminosäuren des tierischen Peptid BAC7 arbeiteten,2 parallelisierte Craske mit dem historischen Allheil- und Wundermittel Theriak, das ähnlich wie die Antibiotika heutzutage gegen alle möglichen Gebrechen, vor allem aber gegen die Pest, wirken sollte. Ihr Wunsch, diese Arbeit im Pharmaziemuseum auszustellen, basierte auf der Idee, die synthetische Biologie und ihren Versuch, Moleküle zum Abtöten von Bakterien zu entwerfen, in einen breiteren historischen Kontext der Arzneimittelherstellung zu stellen. Theriak rückte sie ins Zentrum der Ausstellung, da die museale Sammlung und Wissensvermittlung viele Exponate und Geschichten beisteuern konnte.3 Die daraus resultierende interdisziplinäre Ausstellung »THERIAK. The Past in the Present« wurde vom 16. Oktober 2018 bis 31. Januar 2019 im Pharmaziemuseum Basel gezeigt.4

Theriak, das Universalheilmittel

Theriak, ein aus 64 Ingredienzen zubereitetes Präparat, galt über die Jahrhunderte hinweg als Wunder- und Allheilmittel und lange Zeit als Haupt- und Meisterstück der Apothekerkunst.5 Verabreicht wurde er in erster Linie als Gegengift gegen externe Gifte (zum Beispiel durch Tierbisse), aber auch gegen die Pest sowie alle damit in Verbindung stehenden Symptome wie lokale Entzündungen oder Fieber, von denen man heute weiss, dass sie teilweise auf mikrobielle Infektionen zurückzuführen sind. Theriak wurde aber auch als Universalmittel gegen innere Krankheiten (zum Beispiel Gicht) verabreicht, also Erkrankungen, die ebenfalls mit vielen unspezifischen Symptomen einhergehen. Im Mittelalter wurde Theriak zu einem weit verbreiteten Pestmedikament und noch im 19. Jahrhundert setzte man Theriak zur Behandlung der Choleraerkrankung ein. Es war genau diese breite Anwendung mit ihrer longue durée,6 die Sarah Craske dazu angeregt hatte, den Theriak als eine Art historisches Antibiotikum anzusehen und die aktuelle Forschung nach neuen Antibiotika mit der historischen Suche nach einem Allheilmittel zu vergleichen.

Im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung kam rasch der Gedanke auf, einige der vorgeschriebenen Theriak-Zutaten zu beschaffen, um sie neben historischen Rezepten und Sammlungsobjekten auszustellen. Dabei stellte sich umgehend die Frage, wie frühere Generationen mit diesen Zutaten umgegangen sind, welche Gründe bei der Auswahl und Zubereitung eine Rolle gespielt haben mögen, und vieles mehr. Ehe wir uns versahen, waren wir mittendrin in Forschungsfragen rund um Theriak. Ebenso kam auch die Frage auf, ob und in welcher Form sich ein Theriak als Museumsevent herstellen lässt. Kann es überhaupt gelingen, die richtigen Zutaten zu finden und sie korrekt nach den antiken Vorbildern zu bearbeiten? Was sind die Kriterien, dies zu beurteilen? Und lässt sich am Ende die therapeutische Wirkung an einem rekonstruierten Theriak im Labor überprüfen?

Aller Skepsis zum Trotz haben wir beschlossen, das Wagnis einzugehen, Theriak zu rekonstruieren. Eine besondere Herausforderung stellte dabei die Gewährleistung der Sicherheit dar. Das Hantieren mit einigen der Zutaten wie der weissen Meerzwiebel, Opium oder Vipern erfordern besondere Sicherheitsbedingungen, die nicht ohne weiteres im Museum gegeben sind.

Abb. 1: Theriakrezept auf Pergament von 1621.

Schnell wurde klar, dass die Herstellung eines Theriaks nach der Pharmakopöe des 16. Jahrhunderts aus Sicherheitsgründen nicht als Begleitveranstaltung mit Besucher*innen durchgeführt werden kann. In der Folge entschieden wir uns, zwei verschiedene Theriak-Zubereitungen weiter zu verfolgen: Zum einen wurde eine Begleitveranstaltung zur Ausstellung konzipiert, bei der die pharmazeutischen Arbeitsschritte (wie das Pulverisieren, Abwiegen und Mischen) nach lege artis anhand eines reduzierten Rezepts mit unproblematischen Zutaten im Vordergrund stand. Unabhängig davon wurde – auch im Hinblick auf mögliche spätere Analysen im Labor – ein zweiter Theriak in Angriff genommen, der so konsequent wie möglich an die Vorschriften des Originalrezepts des 16. Jahrhunderts angelehnt sein sollte. Für den letztgenannten Theriak konnte der grösste Teil der Zubereitungsarbeiten in einem Labor des Museums durchgeführt werden, andere wurden in privaten Laboren vorgenommen.

Welches Rezept und welche Zutaten?

Von Beginn an war uns klar, dass eine Rekonstruktion eine Herausforderung darstellen würde und zuerst einige grundsätzliche Fragen zu klären waren: So mussten wir zuerst einmal definieren, welches Zeitfenster uns für die Rekonstruktion am meisten interessiert: Die Antike als Ursprung von Theriak, die Zeit der Renaissance, als Theriak eine Blüte erlebte, oder vielmehr das 18./19. Jahrhundert, als Theriak viel diskutiert, zunehmend in Frage gestellt und langsam verdrängt wurde. Als nächstes galt es, aus den zahlreichen Überlieferungen eine Referenzquelle für unsere Zubereitung festzulegen und deren Abweichungen zu anderen Quellen zu diskutieren.

Aufgrund der Ausstellungsfrage entschieden wir uns, die Zeit um 1600 in den Fokus zu rücken. Nach einem Vergleich verschiedener überlieferter Rezepte, die uns einige Hinweise auf Gemeinsamkeiten und Abweichungen in den Vorschriften gaben, wählten wir das Rezept für Theriaca Andromachi der Pharmacopoeia Augustana aus. Hierbei handelt es sich um eines der frühesten gedruckten Arzneibücher, welches Vorbild für viele spätere Pharmakopöen in ganz Europa wurde. Die erste Ausgabe erschien 1564 in Augsburg, zusammengestellt von einer Arbeitsgemeinschaft, die aus Ärzten und Apothekern der Stadt bestand. Die für die Rekonstruktion von uns gewählte Referenzquelle ist die Ausgabe von 1622 aus dem Bestand des Museums. Die in dieser Auflage publizierte Auflistung der Ingredienzen ist deckungsgleich mit derjenigen eines Privilegs zur Theriakherstellung aus der Apotheke des Jesuiten-Collegiums in Rom aus dem Jahr 1621, das ebenfalls in der Ausstellung gezeigt wurde. Im Unterschied zur Pharmacopoeia Augustana sind hier die Herstellungsanweisungen allerdings weniger präzise ausformuliert.7 Schliesslich besitzt das Museum auch eine originale Probe von venezianischem Theriak der Apotheke Al’stuzzo d’oro aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, welche bei späteren Untersuchungen im Labor als Vergleichsmaterial zur Verfügung stand.

Laut Pharmacopoeia Augustana sollte der Theriak aus 64 Zutaten bestehen, darunter viele bekannte Gewürze aus dem arabischen und asiatischen Raum wie Zimt, Kardamon, schwarzer und weisser Pfeffer, Ingwer, Piment, Anis und Gummi Arabicum. Die überwiegende Mehrzahl der benötigten Substanzen stammt aus dem Pflanzenreich. Aus dem Tierreich wurde neben Bienenhonig und Bibergeil vor allem Vipernfleisch verlangt und aus dem Mineralreich Terra sigillata, Chalcitidis tostae (schwefelhaltiges Eisenoxid) und Bituminis Judaici (sogenanntes »Judenpech«, Asphalt). Ein unmittelbares Problem stellte das präzise Identifizieren der Ingredienzien dar, die erst aus den Termini des 16. Jahrhunderts in den heutigen Sprachgebrauch übersetzt werden mussten und sich dabei nicht immer eindeutig den modernen Klassifikationen zuordnen liessen. Oft gelang dies nur durch pharmazeutische Fachliteratur des frühen 19. Jahrhunderts, in der die damals schon obsoleten Begriffe aus der Zeit vor Carl von Linné in die aktuelle Terminologie übersetzt worden waren. Erst im Anschluss konnte die heutige gebräuchliche wissenschaftliche Bezeichnung ausfindig gemacht werden. Zusätzlich wurde für jede Zutat, soweit vorhanden, der pharmakognostische Wissensstand der Spätantike in Form der Materia Medica des Dioscurides8 und der Renaissance anhand von Kompilationen, Kommentaren und Ergänzungen des Dioscurides durch verschiedene Autoren zusammengetragen und mit dem heutigen Kenntnisstand verglichen.9

Abb. 2: Gesamtzutaten für das Experiment.

Trotz dieses Aufwandes liess sich bei einigen Zutaten die genaue botanische Spezies oder die verwendeten Pflanzenteile nicht eindeutig bestimmen. Zwei Beispiele mögen verdeutlichen, vor welche Entscheidungen wir gestellt wurden: Nach der für uns massgeblichen Pharmacopoea wird Rosae rubr. Exsicc verlangt. Doch welche getrocknete rote Rose ist genau gemeint? Die in der Frühen Neuzeit vor allem gebrauchte Heckenrose (rosa canina) ist nicht rot, die rote Damaszener-Rose war bekannt, wurde aber in dieser Zeit explizit als solche bezeichnet. Oder spielt dies vielleicht gar keine Rolle, weil es sich um irgendeine rote Rose handelte? Oder zum Beispiel der Rhabarber: Der heute als Medizinalpflanze verwendete Chinesische Rhabarber (Rheum officinale) ist weder identisch mit dem sogenannten Medizinalrhabarber (Rheum palmatum L.)10 und dem Gemeinen Rhabarber (Rheum rhabarbarum), der seit dem 11. Jahrhundert in der arabischen Medizin und später in der Schule von Salerno verwendet wurde.11 Welche dieser Rhabarberarten wurde im 16. Jahrhundert nördlich der Alpen gehandelt? Da wir die adäquate Pflanze nicht sicher bestimmen konnten, drängte sich die Frage auf, welchen Einfluss die getroffene Wahl auf das Endergebnis haben würde.

Ein weiteres Problem ergab sich beim Auflösen der Harze und Verdünnen von Pflanzensäften.12 Hier sollte eine nicht näher bestimmte Menge an Kretischem Wein zugegeben werden. Da die Weinmenge ausschlaggebend für die Konsistenz des resultierenden Electuars ist, muss man also bereits im Voraus eine Vorstellung von der richtigen Festigkeit eines Theriaks haben. Nachdem die Zutatenliste erstellt und bestmöglich recherchiert war, verblieben rund zehn Monate, um alle Zutaten zusammenzutragen. Vieles konnte über den eigenen Kräuterladen bezogen oder online bestellt werden, anderes erhielten wir aus dem Botanischen Garten der Universität Basel, sammelten es in der Natur13 oder pflanzten es selbst an.14

Um möglichst rezeptgetreu vorzugehen, benötigten einige der aufgeführten Zutaten recht unkonventionelle Lösungsansätze. Die vorgeschriebenen Trochisci (kleines Gebäck) aus der weissen Meerzwiebel fertigten wir nach Vorschrift Galens, auf die sich auch die Pharmacopoeia Augustana beruft.15 Wir besorgten uns in einem deutschen Gartencenter frische Meerzwiebeln, die wir in einen Brotteig hüllten und in der Glut so lange backten, bis die Zwiebel innen weich wurde. Auf drei Teile Meerzwiebel kamen anschliessend zwei Teile Erbsenmehl hinzu.16 Zu einem gleichmässigen Teig geknetet, zu kleinen Kügelchen geformt und gestempelt wurden sie zu Trochisci, die wir anschliessend trocknen liessen. Ähnlich verfuhren wir mit einer tiefgefrorenen Hornviper, die wir häuteten, ausnahmen und mit Dill kochten. Das Fleisch wurde anschliessend analog zur Meerzwiebel zu den Viperntrochisci verarbeitet.

Sicherlich die schwierigste Frage war, wie mit dem typischerweise im Theriakrezept vorgeschriebenen Opium umzugehen ist. In unserer Referenzquelle von 1622 wie auch im Rezept der Apotheke des Jesuitenkollegs in Rom werden drei Unzen (89.4 Gramm für 5’163 Gramm Theriak) reines Opium Opii seu succi Papaveris«) vorgeschrieben. Etwas jüngere Ausgaben der Pharmacopoia Augustana (von 1694 und 1725) schreiben hingegen »Opii cum aceto depurati«, also eine Opiumtinktur vor. Da in der Schweiz mit zwei Gramm Opium-Tinktur legal und rezeptfrei hantiert werden darf, reduzierten wir die angesetzte Menge und gaben dem Theriak den in späteren Rezepten vorgeschriebenen Anteil in Form von Opiumtinktur bei. Das hatte allerdings zur Folge, dass die einzelnen Zutaten im Grammbereich abgewogen und zerkleinert werden mussten. Da dies sehr kleine Mengen waren, entschieden wir uns für die doppelte Quantität des Rezeptes und halbierten die fertige Mischung, bevor wir das Opium hinzugaben. So erhielten wir jeweils 115 Gramm Theriak mit bzw. ohne Opium-Tinktur.

Abb. 3: Frische Meerzwiebel in Erbsenmehlteig.

Die Zubereitung des Theriaks

Im Dezember 2018 waren alle Vorbereitungen getroffen und alle benötigten Ingredienzen zusammengetragen. Die Herstellung konnte beginnen. Abweichend von der historischen Zubereitung erfolgte das Zerkleinern der Zutaten im Labor mit einer elektrischen Gewürzmühle, das Schmelzen der Harze im Wasserbad. Der ganze Prozess zog sich über mehrere Tage hin. Nach dem Zusammenrühren aller Zutaten begann der im Rezept vorgeschriebene Reifungsprozess, der über ein ganzes Jahr andauerte. Der Theriak musste erst täglich, nach vier Wochen dann wöchentlich und schliesslich, nach einem halben Jahr, nur noch monatlich umgerührt werden. Um diesen Reifungsprozess später im Labor untersuchen zu können, wurden mehrfach Proben gezogen und bei minus zwanzig Grad Celsius eingefroren. Im Verlauf des Jahres konnten wir beobachten, dass das Volumen des Theriaks um rund ein Viertel zunahm und sich gleichzeitig die Konsistenz veränderte. Die anfangs zähflüssige, klebrige Masse wurde immer luftiger und es entstand eine dunkle, fast schwarze Masse, die einer Latwerge oder Pflaumenmus ähnelte. Auch hat sich der Geruch im Laufe des Fermentationsprozesses intensiviert und verändert. Zu Beginn angenehm würzig-aromatisch, verlieh die Zugabe von Baldrian der Masse eine bittere, unangenehme Note. Im Laufe des Fermentierungsprozesses entwickelte sich aus der anfangs differenziert würzigen Note, aus der man noch einzelne Komponenten erahnen konnte, eine dumpfere medizinisch-bittere Note, mit einem charakteristischen, leicht unangenehmen Geschmack.

Die Auswertung im Labor

Aus heutiger Sicht kann Theriak bestenfalls als Placebo betrachtet werden, denn nach gegenwärtigem Kenntnisstand enthalten nur wenige seiner Ingredienzen Inhaltsstoffe, denen eine signifikante Heilwirkung zugesprochen wird. Diejenigen Ingredienzen, zu denen bislang keine Daten vorliegen, auf Inhaltsstoffe zu untersuchen, erscheint in Anbetracht ihres geringen Anteils in der Gesamtmenge wenig sinnvoll und es bot sich hier auch nicht die Gelegenheit dazu. Hingegen erschienen uns in Anbetracht der langen Wertschätzung des Theriaks als Pestmittel und Gegengift vor allem zwei Fragestellungen interessant zu sein: Bildet sich durch die Zutatenkombination eine verbesserte antibakterielle Wirkung, die etwa die jahrhundertelange Verwendung des Mittels im Kampf gegen die Pest erklären könnte? Was passiert während der einjährigen Fermentation und wie verändert sich in dieser Zeit die Stoffzusammensetzung?

Aus heutiger Sicht kann Theriak bestenfalls als Placebo betrachtet werden.

Das interdisziplinäre Netzwerk, das Sarah Craske aufgrund ihres Aufenthaltes im Labor für Bioengineering der ETH Basel ins Projekt einbrachte, gab uns die Möglichkeit, unseren Theriak auf die erste Fragestellung hin im Labor untersuchen zu lassen. Eine erste Untersuchungsreihe ging der Frage nach, ob Theriak überhaupt eine antibiotische Wirkung aufweist. Hierzu konnten wir Philipp Koch von der ETH Zürich (Department of Biosystems Science and Engineering) gewinnen, dem wir zwei verschiedene Theriak-Proben zukommen liessen: Neben dem frisch rekonstrierten, noch nicht fermentierten Theriak erhielt er eine Probe eines historischen venezianischen Theriaks aus der Zeit um 1850 aus der Sammlung des Pharmaziemuseums Basel.17 In einem ersten Schritt begann Philipp Koch die löslichen Bestandteile von den Feststoffen zu trennen, da vor allem in diesen die biologisch aktiven Stoffe vermutet wurden. Dazu benutzte er vier verschiedene Lösungsmittel: Wasser, Ethanol, Methanol und DMSO (Dimethylsulfoxid). Der Theriak aus dem 19. Jahrhundert war jedoch so fest eingetrocknet und zu einer harten und spröden Materie geworden, dass kaum etwas aus ihm herausgelöst werden konnte. Die Extraktion der frisch zubereiteten Theriak-Probe sah hingegen allein schon aufgrund der Farbe sehr vielversprechend aus. Nach dem Entfernen aller Feststoffe und anschliessender Gefriertrocknung (um die Lösungsmittel zu entfernen), konnte eine Menge Material (die Mischung aller extrahierten Moleküle) zurückgewonnen werden. Diese Probe wurde dann mit Wasser verdünnt, um ihre minimal hemmende Konzentration, die minimal inhibitory concentration (MIC) mittels Verdünnungsreihe zu bestimmen. In dieser Versuchsanordnung wird die niedrigste Konzentration erhoben, in der ein mit Wasser verdünntes Theriak-Extrakt sichtbar das Wachstum eines Testbakteriums (in diesem Fall das Bakterium E. coli) hemmt. Das Ergebnis war eindeutig. Mit dieser Methode lässt sich keine antimikrobielle Wirkung von Theriak nachweisen. Selbst bei der höchsten Konzentration von Theriak-Extrakt wuchsen die Bakterien gleich schnell wie ohne Beigabe von Theriak.

Abb. 4: Meerzwiebel im offenen Feuer.

Vorschnell aus dem negativen Ergebnis zu schliessen, dass Theriak nicht gegen mikrobielle Krankheitserreger wirkt, wäre dennoch falsch. Der Test verlief mit einem Modellbakterium, dem Laborstamm E. coli. Der gleiche Test mit anderen potenziellen Krankheitserregern (wie Staphylococcus aureus und vor allem yersinia pestis) könnte anders ausfallen. Auch kann es sein, dass durch die Extraktionsmethode mit scharfen Lösungsmitteln und Schockgefrieren entscheidende antimikrobielle Komponenten abgetötet, zerstört oder einfach nicht mit extrahiert worden sind. Der im Rezept vorgeschriebene hohe Anteil von Honig bietet Bakterienwachstum einen perfekten Nährboden. Es wäre daher durchaus denkbar, dass eine antibakterielle Wirkung gegen den Pesterreger auf Mikroorganismen beruht, die bei der Extraktion zerstört und abgetötet wurden. Nicht zu vernachlässigen ist schliesslich, dass die Konzentration einzelner antimikrobieller Verbindungen in der extrahierten Probe sehr gering war (wenn zum Beispiel 1’000 verschiedene Verbindungen im Extrakt vorhanden wären, beträgt das Gewicht des einzelnen nur 0.1% der verwendeten Gesamtprobe). Eine Untersuchung der Einzelkomponenten kann höchstwahrscheinlich auch mit dieser Methode antimikrobielle Aktivitäten zum Vorschein bringen. Doch angesichts der 64 Ingredienzen mit über 3’000 Einzelkomponenten im Theriak wäre eine Fokussierung auf potenzielle Einzelwirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen aussichtslos.

Auch das Institut für Pharmazeutische Biologie am Departement Pharmazie der Universität Basel wurde auf das Theriak-Projekt aufmerksam und bot eine Kooperation an. Eine Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Hamburger, Prof. Dr. Potterat und Léonard Grünig (alle am Institut für Pharmazeutische Biologie des Department of Pharmaceutical Sciences der Universität Basel) verfolgte daher eine andere Perspektive. In ihren Laboruntersuchungen stand der Fermentationsprozess im Fokus, der wie oben erwähnt in einigen historischen Quellen eine wesentliche Rolle spielt. Gemäss Rezeptur muss der Theriak nach seiner Fertigstellung ein Jahr lang reifen und dabei regelmässig umgerührt werden, bevor er seine volle Wirkung erlangt. Die Pharmacopoeia Augustana riet zu Sauberkeit und Umsicht.18 Euricius Cordus schrieb, dass der Theriak mit zunehmendem Alter stärker werde und deshalb »wider starcke gebrechen / als vergifftige biße und getrencke gebraucht werden« könne, bevor ihm wie jeder lebenden Substanz die Kräfte schwinden.19 In einer Masterarbeit verfolgte Léonard Grünig daher das Ziel, durch Vergleich unterschiedlich alter Theriak-Proben den Einfluss der Fermentation bzw. die Veränderungen in der molekularen Struktur der Substanz, die die Quellen als Alterungsprozess bezeichneten, zu prüfen. In der Zeit von Dezember 2019 bis Mai 2020 wurden NMR-Spektrometer und verschiedene Chromatographen zur Bestimmung der flüssigen und flüchtigen Bestandteile der Proben vorgenommen.20 Untersucht wurden insgesamt vier verschiedene Theriak-Ansätze: erstens der im Museum frisch angesetzte Theriak, dem entsprechend der Referenzquelle Opium-Tinktur beigefügt worden war und von dem mehrere Proben aus verschiedenen Zeiten des einjährigen Fermentationsprozess existierten (hier als Theriaca vera bezeichnet). Da andere Quellen der gleichen Zeit reines Opium in gleicher Gewichtsmenge vorschrieben, wurde zweitens in einem weiteren Ansatz der Opiumanteil um das zehnfache erhöht, so dass er diesen Mengenvorgaben entsprach (hier als Theriac opium bezeichnet). Der dritte Theriak stammte von einer schwedischen Arbeitsgruppe (Theriac uppsaliensis), die zur selben Zeit wie wir einen Theriak an der Universität Uppsala rekonstruierten.21 Der vierte war ein venezianischer Theriak aus den Museumsbeständen, der aus der Zeit um 1850 stammt (Venetian Theriac).

Die Masterarbeit kam zu folgenden Ergebnissen: Nach Herstellung von Extrakten und Referenzsamples konnte zum einen in allen Proben ein Total von 38 chemischen Reinstoffen identifiziert werden, von denen acht in einzelnen Referenzproben bestätigt werden konnten (darunter v.a. Piperin, das Hauptalkaloid von Pfeffer). Zum anderen ergab das Flüssigchromatographieverfahren, dass die Unterschiede der sekundären Metaboliten in den zu verschiedenen Zeitpunkten vor und nach der Fermentation gezogenen Theriak-Variationen (Theriac verum und Theriac opium) vernachlässigbar waren. Dagegen zeigten die Gaschromatogramme, dass die flüchtigen Metabolite von Theriac verum deutlich unterschiedliche Spuren gegenüber dem historischen Theriak (Venetian Theriac) aufwiesen, vor allem bei Safranal, dem Hauptaromastoff des Safrans. Bezüglich der Wirkung der Fermentation konnte im NMR-Spektroskop ebenfalls kein Unterschied zwischen den frischen und älteren Proben festgestellt werden. Auffallend war lediglich ein »chemical shift«, der auf die Anwesenheit von Zucker in allen Proben hinwies. Eine einjährige Fermentation, wie im Rezept vorgeschrieben, zeigte mit den verwendeten Methoden jedenfalls keine grosse Veränderung des Präparates.

Abb. 5: Trochisci werden gestempelt.

Die Masterarbeit hatte mit chemischen Analysemethoden gearbeitet. Betrachtet man die Fermentation von Theriak als mikrobielle Reaktion, so können weitere Fragen formuliert werden, die aber nicht mehr systematisch untersucht wurden: Bewirkt die Fermentation einen bakteriellen Abbau bzw. eine Veränderung einzelner Ingredienzien? Ist der hohe Anteil an Honig ein Indiz für gezielte bakterielle Reaktionen? Werden für die gewünschten Indikationen spezifische Bakterienstämme benötigt und wie beziehungsweise wann könnten diese eingebracht werden (es gibt keine ›Impfung‹ mit bestimmten Bakterien wie bei der Käse- oder Weinherstellung)? Theriak, so das vorläufige Fazit, regt also auch im Labor zu Modifikationen im Versuchsaufbau oder den aufgeworfenen Forschungsfragen an.

Interdisziplinarität, oder der Blick über den Tellerrand

Das Theriakexperiment hat bewiesen, dass Künstler*innen, Historiker*innen und Pharmazeut*innen zusammenarbeiten und gemeinsame wie eigene Fragehorizonte entwickeln können. Für mich als Pharmaziehistoriker lässt das Remaking einer alten Arzneiform in erster Linie die Einschränkungen im Umgang mit schriftlichen Quellen offen zutage treten. Wir mussten lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, und dennoch blieben Fragen unbeantwortet und Lücken im Wissen unübersehbar. Entscheidungen bei der Herstellung des Theriaks waren zu fällen, bei denen uns die historischen Quellen keine Hilfestellung gaben. Zu wichtigen Details im Umgang mit Stoffen und Verfahren schweigen Rezepte in der Regel. Darin offenbart sich die Erfahrung der Praxis, aber auch das implizite Wissen, welches die Autoren bei ihren Lesern stillschweigend voraussetzten. Man schreibt nur dann über die Farbe oder den Geschmack einer Substanz, wenn dies für das erwünschte Resultat unverzichtbar ist, oder wenn es sich um exotische Zutaten dreht, die dem Leser möglicherweise nicht bekannt waren. In der Regel jedoch setzte man beim Gegenüber gewisse Materialkenntnisse voraus.

Abb. 6: Gehäutete Viper vor dem Kochen in Kräutersud.

Zugleich wurde uns erst im Experiment die historische Variabilität der Rezepte konkret bewusst. Zwar lernt der Historiker aus schriftlichen Quellen Unterschiede in Zutatenlisten kennen, aber erst im Herstellungsprozess werden Probleme bewusst, die auch die historischen Akteure zu bewältigen hatten, so zum Beispiel bei der Rohstoffbeschaffung. Bei der Theriakherstellung wurde offensichtlich, dass selbst die von weit her importierten Pflanzen getrocknet und bevorratet werden konnten. Vipern hingegen mussten frisch verarbeitet werden. Sollten grössere Mengen an Theriak zubereitet werden, mussten entsprechend viele Schlangen rechtzeitig beschafft werden. Im Falle des Theriaks kommt noch erschwerend hinzu, dass es sich um ein überaus dynamisches Rezept handelt, welches über die Epochen hinweg zahlreiche Veränderungen erfahren hat. Welche konkreten Gründe dazu geführt haben mögen, das Rezept abzuwandeln, lässt sich nur erahnen. Nach unseren eigenen Erfahrungen sind wir nun allerdings aufmerksamer für Fragen der Rohstoffbeschaffung und -bevorratung als mögliche Ursache für Rezeptänderungen geworden.

Fragt man also, worin der Mehrwert der experimentellen Rekonstruktion eines historischen Rezeptes liegt, so lassen sich verschiedene Antworten geben. Aus historischer Perspektive kann man sagen, dass jenseits neuer Formen der Stoff- und Objekterfahrung (mit allen fünf Sinnen) eine Fülle neuer Fragehorizonte im Umgang mit Rezepten als Quelle auftauchen.22 So ist uns zum Beispiel aufgefallen, dass die Pharmaziegeschichte selten systematisch danach fragt, wie und mit welchen Methoden historische Akteure die Heilwirkung ihrer Medikamente nicht nur erwähnen, sondern vor allem erklären. Historische Wirkungskonzepte sind ein Desiderat der Forschung.

Nicht nur in den historischen Disziplinen wächst das Interesse an Rezepturen und an originalen historischen Proben von Präparaten bzw. konservierten historischen Heilpflanzen in Form von Herbarien und Drogensammlungen, weil diese genetische Informationen zur Verfügung stellen, die neue Erkenntnisse ermöglichen. Interdisziplinäre Projekte bleiben gleichwohl schwierig. Historiker*innen können pharmazeutische Studien selten anstossen und noch viel weniger die zu analysierenden Fragen vorgeben. Was sie aber machen können, ist zu prüfen, welche musealen Sammlungsteile für naturwissenschaftliche Untersuchungen aussagekräftige Informationen enthalten könnten. Sie müssen dazu ihre Bestände vor dem Hintergrund potenzieller Zusammenarbeit mit Forschenden der Pharmazie neu bewerten. Schriftliche Quellen können wir zudem nach Widersprüchen durchforsten, die darauf hinweisen, dass hier Potential für Untersuchungen im Labor vorhanden ist. Im Fall von Theriak ist jedenfalls das auffallend lange Festhalten an einem Heilmittelrezept bemerkenswert, auch gerade deswegen, weil man dessen vielfach beschriebenen Heilerfolg mit gängigen Lehrmeinungen der heutigen Zeit nicht erklären kann.

Martin Kluge war bis 2021 Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Pharmaziemuseums der Universität Basel. Derzeit ist er im Papiermühlemuseum Basel zuständig für die Abteilung Wissenschaft und Vermittlung.

Historische Wirkungskonzepte sind ein Desiderat der Forschung.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Collegio Societas Jesu, Theriakrezept auf Pergament (1621), © Pharmaziemuseum Basel, Inv. Nr. V00340.

Abb. 2-5: Martin Kluge, Fotos während des Herstellungsprozesses von Theriak aufgenommen (2018).

Abb. 6: Sarah Craske, Gehäutete Viper vor dem Kochen in Kräutersud (2018).

Literatur
  1. 1

    Sarah Craske: »Theriak«, http://www.sarahcraske.co.uk/theriak/; siehe auch: Interaliamag: »Sarah Craske«, https://www.interaliamag.org/articles/sarah-craske/ (August 2017).

  2. 2

    Markus Schmidt: The Art of Antibiotics: Two residencies. Two artists. Two labs, Wien: Biofaction (2018), S. 48–50.

  3. 3

    Von Seiten des Museums beteiligt waren in den verschiedenen Phasen auch Corinne Eichenberger, Norbert Steinwarz, Philippe Wanner, Ursula Wetz sowie Sabine Fehlmann, Barbara Orland und der verstorbene ehemalige Direktor des Museums, Michi Kessler.

  4. 4

    Der Flyer der Ausstellung: https://www.unibas.ch/dam/jcr:179b3503-1cbf-41fb-8690-0b6d5d1a9e8f/THERIAK_Flyer.pdf. Siehe auch die Besprechung in Claudia Schnugg: Creating ArtScience Collaboration: Bringing Value to Organizations, London: Palgrave Macmillan (2019).

  5. 5

    Diese häufig aufgegriffene Formulierung findet sich bereits in der Einleitung zur Rezeptur des Theriaks in der Pharmacopoea Augustana: »Theriacam, quam omnium plane Medicamentorum Reginam dicere nonnulli consuaverunt« (Theriak, welches man für gewöhnlich die Königin der Medizin zu nennen pflegt). Johann Krüger: Pharmacopoeia Augustana: Iussu & auctoritate amplissimi senatus: A collegio medico rursus recognita. nunc septimum in lucem emissa, Augustae Vindelicorum: typis Andreae Apergeri (1623), S. 409.

  6. 6

    Véronique Boudon-Millot, Françoise Micheau (Hg.): La thériaque: histoire d’un remède millénaire, Paris: Les Belles Lettres (2020).

  7. 7

    Zur Bedeutung dieses Exponates schreibt Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft. Band 183: Thee – Thier, Berlin: Joachim Pauli (1844), S. 298: »Theriak, Theriaca, Fr. Theriaque, […] Der gesuchteste war derjenige, der nach seinem Erfinder Theriaca Andromachi genannt wurde, und der auch in Rom von den Jesuiten zubereitet, und, mit einem besonderen Privilegium versehen, verkauft und in Europa verschickt wurde.«

  8. 8

    Dioskurides: Materia Medica, ins Deutsche übersetzt von Julius Berendes im Jahr 1902, digitalisiert von Dr. Alexander Vögtli (»Projekt Dioskurides« 1998). Online: https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Dioskurides.

  9. 9

    Es handelte sich um folgende Autoren: Hieronymus Bock, Leonhart Fuchs, Pietro Andrea Matthioli, Adam Lonicerus, Otto Brunfels, Theodor Zwinger, und Jacobus Theodorus Tabernaemontanus.

  10. 10

    Zur Unterscheidung der Rhabarbersorten vgl. Arzneipflanzenlexikon: »Rhabarber«, http://www.arzneipflanzenlexikon.info/rhabarber.php.

  11. 11

    Wikipedia: »Gemeiner Rhabarber«, https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeiner_Rhabarber.

  12. 12

    Erforderlich waren Succi Glycyrrhize (Süssholzextrakt), Succi Hypocistidis (ausgepresster Saft des gelben Zistrosenwürger), Opii (Opium) und Succi Acaciae (Schlehensaft).

  13. 13

    Potentilla reptans, Ajuga chamaepitys, Teucrium chamaedrys und Prunus spinosa.

  14. 14

    Teucrium scordium, Rheum rhabarbarum, Lavandula stoechas und Calamintha nepeta.

  15. 15

    Johann Krüger: Pharmacopoeia Augustana: Iussu & auctoritate amplissimi senatus: A collegio medico rursus recognita. nunc septimum in lucem emissa, Augustae Vindelicorum: typis Andreae Apergeri (1623), S. 409 (TROCHISCI DE SCILLA GALENI), sowie S. 397 (Trochisci Hedychroi).

  16. 16

    Bei Galen ist von Mehl der weissen Erve, also Linsenmehl, die Rede. Siehe Lutz Winkler: Galens Schrift »De Antidotis«: Ein Beitrag zur Geschichte von Antidot und Theriak, Marburg/Lahn (1980), S. 208; Julius Behrens: Die Pharmacie bei den alten Culturvölkern, Band 1, Halle a.S.: Tausch & Grosse (1892), S. 269 übersetzt weisses Erbsenmehl; Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste: welche bisshero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden, Band 43, Halle: Zedler (1745), S. 1020 übersetzt Erbsenmehl. Wir entschieden uns für Kichererbsenmehl.

  17. 17

    Das Ergebnis wurde am Annual Research Meeting des Departement Pharmazie der Universität Basel am 8. Februar 2019 mündlich präsentiert.

  18. 18

    »In ein sauberes Gefäss geben, von dem ein Drittel (aber mindestens ein Viertel) leer bleiben muss, um den Theriak, der beim Gärungsprozess an Masse zunimmt und aufquillt, bequem von Tag zu Tag ein wenig umgerührt werden kann. Er muss nämlich mindestens eine Woche lang tagtäglich bewegt werden, dann aber jede Woche und schliesslich jeden Monat, bis er ein Jahr alt ist. Dabei muss er immer gut zugedeckt und vor äusseren Einflüssen geschützt sein. So wird der Theriak mit all seinen Zutaten fertiggestellt und zeigt dann all jene Wirkungen, welche die Antike und die heutige Zeit dem edlen und wertvollen Medikament nachsagen.« Aus dem Theriak-Rezept: Johann Krüger: Pharmacopoeia Augustana: Iussu & auctoritate amplissimi senatus: A collegio medico rursus recognita. nunc septimum in lucem emissa, Augustae Vindelicorum: typis Andreae Apergeri (1623), S. 435–436. Übersetzt von Christian Guerra.

  19. 19

    Euricius Cordus: Von Der Vielfaltigen Tugent Vnnd Waren Bereitung/Deß Rechten Edlen Theriacs, Marburg: o.V., (1532), Fol. 6v-7v. Bis ins 19. Jahrhundert bleibt diese Differenzierung in jungen und alten Theriak erhalten. Noch 1833 heisst es: »der frische Theriak ist in der Regel dem alten vorzuziehen, wenn man seine beruhigenden Eigenschaften ins Spiel bringen will, während dagegen der letztere gewöhnlicher als erregendes und als tonisches Mittel wirkt, was zu beweisen scheinen dürfte, dass ein Theil der Salze des Opiums sich mit der Zeit verändert oder Zersetzt«. Friedrich Ludwig Meissner, Carl Christian Schmidt (Hg.): Encyclopädie der medicinischen Wissenschaften nach dem Dictionnaire de Médecine frei bearbeitet und mit nöthigen Zusätzen,12. Band, Leipzig: Festsche Buchhandlung (1833), S. 69.

  20. 20

    Léonard Grünig: Theriaca Andromachi Senioris Ex Galeno: Investigation of Chemical Composition and Influence of Maturation on Secondary Metabolite Profile, Master Thesis at the Division of Pharmaceutical Biology of the University Basel (2020).

  21. 21

    Nils-Otto Ahnfelt und Hjalmar Fors stellten ihren Theriak nach mehr oder weniger demselben Rezept her wie wir. Sie folgten dem Rezept der schwedischen Pharmakopöe Pharmacopoeia Holmiensis von 1686. Nils-Otto Ahnfelt, Hjalmar Fors: »Making Early Modern Medicine: Reproducing Swedish Bitters«, in: AMBIX, 63/2 (2016), S. 168. Die uns zu Verfügung gestellte Probe enthielt kein Opium.

  22. 22

    Vgl. Nils-Otto Ahnfelt, Hjalmar Fors, Karin Wendin: »Historical Continuity or Different Sensory Worlds? What We Can Learn about the Sensory Characteristics of Early Modern Pharmaceuticals by Taking Them to a Trained Sensory Panel«, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 43 (2020), S. 412–429.